Vibe Coding

Rund herum in der IT-Szene und vor allen Dingen bei Softwareentwicklung dreht sich im Moment gefühlt alles um Vibe Coding. Das Collins Dictionary hat Vibe Coding sogar angeblich zum Wort des Jahres gewählt. Aber funktioniert die Idee? Ich habe dazu eine klare Position. Und die ist „Nein“. Vibe Coding ist für mich nur eine Illusion, Leute ohne fundierte Programmierkenntnisse könnten mittels KI ein „gutes“ Programm oder Softwareprodukt erstellen, das echte Aufgaben löst. Der Ausdruck selbst ist recht neu (m.W. gibt es ihn seit  Februar 2025) und soll für eine Methode stehen, bei der man zum Erstellen von Anwendungen einer KI nur beschreibt, was die Anwendung machen soll, statt traditionellen Code zu schreiben. Grob gesagt ist das sogar der Weg, den ich bei Linked Learning (LiL) in meinem Training zu KI-unterstütztes Programmieren mit OpenAI und ChatGPT beschreibe. Aber angeblich sollen das auch  Menschen ohne formale Programmierkenntnisse hinbekommen. Nicht verifizierbare Erfolgsmeldungen, bei dem Nicht-Programmierer in wenigen Tagen ein Programm erstellt haben wollen, das sonst Mannjahre an professioneller Programmierer-Power bedurft hätte, sollen das Funktionieren von Vibe Coding bestätigen. Ich sage es nochmal. Ich zweifle es massiv an und behaupte, dass das überwiegend nur eine Marketing-Luftnummer oder ein falsches Verständnis von Softwareentwicklung ist.

Dabei muss ich immer wieder betonen, dass ich natürlich KI mittlerweile absolut selbstverständlich beim Programmieren einsetze und eben in dem Training zu KI-unterstütztes Programmieren mit OpenAI und ChatGPT genau dieses Techniken beschreibe, mit dem man angeblich Vibe Coding machen kann und mit den Trainings zu Statistik in Verbindung mit Python und  Mathematik-Grundbegriffe für Programmierer sowie Python für die Datenanalyse 1: Grundlagen und Python für die Datenanalyse 2: Machine Learning elementare Basistheorien und -techniken für KI bzw. LLM abdecke.

Aber Vide Coding m.E. sitzt (bewusst oder aus Unverständnis) gleich mehreren Irrtümern auf.

  1. Die Programmierung einer Anwendung nimmt in einem professionellen Entwicklungsprozess nur eine minimale Zeit im Vergleich zur Analyse und dem Entwurf der Anwendung ein. Dazu kommt z.B. noch Dokumentation, Test und Einführung. Über den Gesamtprozess der Entwicklung ist die (angebliche) Zeitersparniss durch Vibe Coding fast zu vernachlässigen.
  2. Mit Vibe Coding erstellte, etwas komplexere Programme sind unwartbar. Denn niemand hat bei der Erstellung verstanden, warum und wie Code gebaut wurde. Das ist ja die Kernthese von Vide Coding. Änderungen sind damit gar nicht oder nur mit sehr viel Aufwand möglich. Wenn man beachtet, dass bei einem professionellen Programm über die „Lebenszeit“ des Programms der gesamte Entwicklungsaufwand meist nur 10% der Kosten verursacht und die Wartung 90%, ist leicht klar, dass nur 5% mehr Wartungsaufwand die Kosten für ein Programm in die Höhe treiben. Ich schätze aber, dass die Wartung von Vibe Code weit aufwändiger wird und wenn mir jemand 200% mehr Aufwand sagen würde, würde ich das glauben. Vibe Coding ist also viel zu teuer, um einen Nutzen zu haben.
  3. Die Qualität eines Programms basiert nicht (nur) darauf, dass es funktioniert. Vide Coding erzeugt qualitativ schlechten Code. Selbst wenn das irgendwann besser wird, bleibt Punkt 2.

Fazit: KI in der Programmierung ist ein Werkzeug, das nicht mehr wegzudenken ist. Aber es gehört in die Hand von Experten und Laien sollten damit maximal spielen oder ein bisschen Boilercode für private Anwendungen erstellen. Ich lehne mich aus dem Fenster – Vibe Coding ist Blendwerk und wird auch nie wirklich funktionieren bzw. einen Sinn haben.