Neue Programmiersprachen und Frameworks gelten in der IT-Entwicklung als Maß der Dinge. Aber man findet in der letzten Zeit immer mehr Beiträge von echten Experten – und ich meine nicht „Senior“-Entwickler, die vielleicht 10 Jahre Praxis aufweisen können und oft nur neue Technologien kennen, sondern wirklich erfahrene Entwickler – auf Linkedin oder in Fachmedien, die Sprachen wie C, aber auch Fortran, Cobol bis hin zu Haskell als „besser“ im Vergleich zu neuen Sprachen und vor allen Dingen vielen Frameworks bezeichnen. Oder auch Aussagen, die JavaScript besser als TypeScript sehen, obwohl die Masse letztere Sprache wegen ihrer Vollkasko-Bequemlichkeit und zusätzlichen Sprachfeatures zur Compile-Zeit als besser einschätzen. Was auch immer „besser“ meinen soll.
Ich finde dabei oft genannten Argumente sehr stichhaltig. Alte Sprachen sind schlanker, ressourcenschonender, näher an der Hardware, viel besser zu kontrollieren etc.
Im Kern kritisieren diese Aussagen meist einen zunehmenden Trend, bei Programmen durch Abstraktionsschichten (Garbage Collection, magische Objekte, Kapselung, ect.) und den Einsatz von KI komplett zu verkleistern, was da wirklich passiert, und zudem keinerlei echte Kontrolle mehr zu haben. Oft wird bei Anwendungen mit modernen Vorgehensweisen einfach Zuckerguss über einen Müllhaufen gekippt.
Dabei sind weder die neuen Sprachen und Frameworks oder auch KI das ausschließliche Problem. Immerhin sind diese neuen Technologien – trotz der genannten Mängel – meist leistungsfähig und effizient bei der Entwicklungsgeschwindigkeit.
Das Problem sitzt oft zwischen den Ohren. Aber gar nicht in Form fehlender Kompetenzen. M.E. ist Psychologie der zentrale Faktor. Ich erinnere mich, dass nach Einführung von ABS in Autos die Versicherungsprämien bei Autos mit ABS massiv angehoben wurden, weil diese extrem oft in Unfälle verwickelt wurden. Nicht, weil ABS schlecht war, sondern weil Fahrer zu viel auf die der Technik vertraut und ihr ebenso zuviel zugetraut haben. Deshalb sind viele ABS-Fahrer riskanter, unvorsichtiger gefahren. Fahrer ohne ABS sind dieser Versuchung, da nicht vorhanden, nicht erlegen und sind weiter vorsichtiger und konzentierter gefahren.
Genau das dürfte ein zentrales Problem sein, wenn man mit neuen Programmiersprachen arbeitet, die durch zig Abstraktionsschichten von der eigentlichen Ebene der Verarbeitung auf einem Computer abschirmen oder gar vor allen Dingen bei Frameworks in den Bereich der Magie verstecken. Vibe Coding als übelste Fehlentwicklung braucht man da nicht einmal heranziehen. Programmierer arbeiten einfach sorgloser und nicht sorgfältig genug, weil die Technik sich ja schon um alles kümmert. Das ist einfach menschlich. Wenn man alte Sprache anwendet, ist man zu sorgfältiger, konzentrierter Arbeit einfach gezwungen. Von optimierten Anwendungen bei einzelnen Problemen wie Hardware unter C, Verarbeitung großer Datenmengen bei Cobol oder effizienten Algorithmen bei Data Sciene und wissenschaftlichen Fragen bei Fortran komplett abgesehen.
Das sogenannte „Wirthsche Gesetz“ ist sicher kein Zufall. Die Aussage ist, dass Software in einem so großen Maß langsamer bzw. ineffizienter wird, dass auch gleichzeitig immer schneller werdende Hardware dies nicht kompensiert. Wenn man keine Gedanken um effiziente Ressoucenveraltung mehr verschwendet oder es wegen einer Sprache oder Framework gar nicht mehr kann, können die Resultate nur mangelhaft werden.
Letztendlich würde ich selbst auch kein neues Projekt mit Cobol oder Fortran aufsetzen. Und natürlich nutze ich KI bei der Programmierung als unverzichtbares Hilfsmittel. Aber dennoch schließe ich mich der Meinung an, dass die alten Sprachen viel besser als ihr Ruf sind. Und mir macht es immer wieder Spass, hart an den „richtigen“ Prozessen auf dem Computer zu programmieren. Vor allen Dingen sollte man m.E. als Entwickler diese alten Sprachen gründlich lernen, bevor man den neuen Sprachen und Frameworks vertraut und an diese viel Kompentenz und Verantwortung abgibt.
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