Tethering als Bandbreitenerweiterung bei Überlastung der DSL-Verbindung

Da gefühlt jeder Zweite im Moment remote arbeitet, ist es verdammt eng im Internet. Gerade dann, wenn sich mehrere Leute einen schmalen DSL-Anschluss teilen müssen, was bei mir in Bodenheim der Fall sein kann. Im extremen Fall wollen neben mir noch bis zu drei weitere Personen zeitgleich einen DSL-16.000-Flaschenhals verwenden. Bei einer normalen Nutzung ist das noch halbwegs ok und ich kann als Admin der Fritzbox mir bei Bedarf zudem ja jederzeit Priorität meiner Verbindungen einrichten. Arbeit geht vor. Vor allen Dingen vor Musik- oder Videostreaming oder gar irgendwelchen sozialen Netzwerken. Da habe ich keine Skrupel meine Macht auszunutzen.

Nur sind im Moment Onlinevorlesungen der Uni bzw. Homeoffice in der Family nicht einfach als unwichtiger wegzudrücken. Die Hauptalternative mit meinem Ausweichen ins Zweitbüro nach Eppstein ist zwar in der Regel optimal (zumal da mit DSL 100.000 sowieso die weitaus bessere Internet-Verbindung vorhanden ist), aber seit gestern sind da Handwerker für mehrere Tage im Haus, was diese Option temporär ziemlich außer Kraft setzt. Und zudem ist der Ortswechsel auch für nur kurze Sachen zu aufwändig. Aber was im Kollisionsfall der gleichberechtigten Interessen machen, solange in Bodenheim mein Umstieg auf Glasfaser nicht vollzogen ist (und das dauert noch mindestens ein 3/4 Jahr)?

Die Telekom bietet in Gebieten mit Steinzeit-DSL (wie halt bei mir in Bodenheim) einen gekoppelten Tarif an, der bei Bedarf bei ausgelastetem DSL LTE dazu schaltet, um damit automatisch die Bandbreite zu erweitern. So etwas ist schon eine gute Idee, nur habe ich einen anderen Provider in Bodenheim und der bietet diese Option nicht. In Eppstein habe ich zwar die Telekom als Provider, aber da brauche ich diese Erweiterung der Bandbreite bei DSL 100.000 nicht. Blödes Dilemma, aber zumindest die Grundidee kann man leicht manuell umsetzen.

Wenn der Rest der Familie berechtigte Interessen anmeldet (etwa Homeoffice oder Remotevorlesungen an der Uni), kann ich meinen Rechner auf USB-Tethering mit dem SmartPhone schalten. Ich habe das gerade mal mit einem Speedtest ausprobiert und da komme ich zumindest im Moment mit knapp 8 MBit/s im Download und etwa 1 MBit/s im Upload sogar auf einen halbwegs brauchbaren Datendurchsatz. Für Remoteschulungen will ich nur ungern auf LTE gehen, da die Bandbreite extrem schwankt und massiv vom Ort und der restlichen Anzahl von Leuten in der Funkzelle abhängt, aber für die normale Arbeit mit dem Internet ist diese Option durchaus praktikabel. Die letzte Stunde weiche ich schon auf diese Weise aus, um die Remotevorlesung meiner Kidds nicht auszubremsen und für meine Onlinekorrekturen, E-Mail und etwas Surfen reicht LTE im Moment voll aus. Mal sehen, wie weit ich heute mein Datenvolumen reduziere, aber ich bin sowieso am Ende meines Datenzyklus und habe noch gut 90% des Freivolumens übrig, Bei Remoteschulungen vermute ich jedoch, dass ich mein monatliches Freivolumen in 2 – 3 Tagen verbrauchen würde, was – unabhängig von den Performanceschwankungen bei LTE – in der Situation diese Lösung nur im Notfall sinnvoll macht.

Fazit der ersten umfangreichen Remoteschulung

Ich habe über die letzten Jahre zwar schon Remoteschulungen gehalten, aber gestern mehr oder weniger die erste „richtige“ und auch ziemlich lange Remoteschulung auf Basis der modernen Infrastrukturen beendet. Über 3 Wochen verteilt habe ich 9 komplette Tage mit Microsoft Teams zwei Schulungen gehalten, die ursprünglich als normale Schulungen vor Ort geplant waren. Beide Schulungen wurden mit der gleichen Gruppe an Teilnehmern (Fachinformatiker-Azubis) durchgeführt und man hat über die Tage deutlich bemerkt, wie sich die Beteiligten auf die Situation immer besser eingestellt haben.

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit dem Verlauf, denn die unbestreitbaren Nachteile einer Remoteschulung halten sich mit den Vorteilen die Waage. Und durch Corona wäre die Alternative ja nur „Ausfall“ und absolut die falsche Entscheidung gewesen.

Als Nachteile kann man klar die folgenden Punkte aufführen (wobei das im Vorfeld eigentlich schon klar war):

  • Fehlender persönlicher Kontakt.
  • Stark reduzierte Rückmeldungen der Teilnehmer, da man sie halt nicht wirklich sehen kann
  • Man sieht die Teilnehmerrechner bei Übungen nur dann, wenn man aktiv das Screensharing anfordert. Wie üblich rumgehen und beiläufig beobachten fehlt vollkommen.
  • Persönliche Charakterzüge bei Teilnehmern werden verstärkt. Wer eher ruhig ist, wird eher noch weniger sich aktiv beteiligen.
  • Einige Vorbereitungszeit zum Einrichten etc. notwendig.

Die Vorteile sind aber auch sehr deutlich:

  • Erhebliche Zeitersparnis durch fehlende Anfahrten.
  • Nahtlose Einbindung in das private Umfeld, was gerade während der Pausen angenehm ist.
  • Live-Coding und Bildschirmsharing sind perfekte didaktische Mittel, die auch remote sehr gut – wenn nicht sogar besser wie sonst – funktionieren.
  • Zeitersparnis durch viel, viel weniger Geschwätz und nicht fachliche Kommunikation der Teilnehmer. Damit starke Fokussierung auf Fachthemen.

Wenn man die Disziplin im Kurs hochhält (ich habe etwa die Anfangs- und Pausenzeiten ganz strikt durchgezogen und mit einer Stoppuhr jeweils die Zeiten auf dem Bildschirm geteilt), bekommt man in der Remoteschulung definitv den gleichen Stoff durch, wie bei einer Schulung vor Ort. Die Teilnehmer sollten auch den gleichen Lernerfolg haben. Denn die didaktischen Nachteile der Remoteverbindung werden durch die Zeitersparnis an diversen Stellen kompensiert.

Noch ein paar Bemerkungen zur Infrastruktur:

  1. Ich wollte am Anfang gar nicht an Microsoft Teams ran und fand es auch deutlich schlechter als etwa Zoom oder WebEx. Der Eindruck hat sich geändert. Am Ende der Schulung muss ich sagen, dass ich irgendwann sogar richtig gerne damit gearbeitet habe.
  2. Ich habe teils aus Eppstein mit einem DSL 100.000-Anschluss und teils von Bodenheim mit einem DSL 16.000-Anschluss gearbeitet. Bemerkt habe ich keinen relevanten Unterschied. DSL 16.000 genügt. Nur als an einem Tag in Bodenheim zeitgleich noch ein weiteres Meeting bzw. eine Onlineschulung per Video den Anschluss nutzen wollte, war das definitiv zu langsam. Ich habe meiner Veranstaltung als Admin genügend Kapazität freigeschaufelt, aber andere Meetings sind damit eingebrochen.

 

Zoom, Microsoft Teams & Cisco WebEx

Ich kann mittlerweile auf einige Meetings als Erfahrung mit Zoom und Teams, aber auch WebEx zurückgreifen. Genaugenommen ca. 6 – 8 Zoom-Meetings zwischen 40 Minuten bis 3 Stunden, 1x etwa 1,5 Stunden mit WebEx und drei komplette Tage mit Teams. Mit Letzterem schule ich im Moment remote volle 8 Stunden am Tag mit 12 Leuten im „virtuellen Klassenraum“. Nachdem ich am 3. Tag endlich entdeckt habe, wie ich weiter den Chat und die Teilnehmer sehen kann, wenn ich den Bildschirm für Livecoding teile, ist mein größter Kritikpunkt hinsichtlich der Arbeit mit Teams hinfällig. Ich finde das Programm zwar alles andere als intuitiv, aber wenn man sich eingearbeitet hat, kann man damit m.E. sehr gut Remoteschulungen halten. Meetings natürlich auch. Ich bin vor allen Dingen von der Flüssigkeit der Datenübertragung angetan.

Denn hier liefern sowohl Zoom als auch WebEx gefühlsmäßig nicht ganz so gute Ergebnisse wie Teams. Wobei der Vergleich natürlich hinkt, denn ich schule mit einer lizensierten Vollversion von Teams, während bei Zoom und WebEx bei mir im Moment die freien, kostenlosen Versionen zum Einsatz kommen. Und dass da die Anbieter nicht die volle Leistung bereitstellen, ist verständlich.

Aber zwischen Zoom und WebEx treten m.E. auch Unterschiede auf. Zoom erscheint mir  sowohl flüssiger als auch von den Features umfangreicher. Wohlbemerkt – ich meine die kostenlosen Versionen, die ja mehr oder weniger nur Schnupperhappen der Anbieter darstellen.

Ich bin jetzt erst einmal 9 Tage mit Teams unterwegs, aber ich gehe davon aus, dass die meisten Schulungsunternehmen von mir bei folgenden Schulungen (wenn denn welche kommen) auf Zoom setzen werden.

Anyway – Remoteschulungen haben naturgemäß viele Schwachpunkte, aber die ersten drei Tage der aktuellen Maßnahme sind m.E. gut gelaufen. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich auf Dauer mehr solche Schulungen anstatt Schulungen vor Ort halte. Mal sehen, wie der Markt sich nach Corona entwickelt und ob auch die Kunden die unbestreitbaren Vorteile von Remoteschulungen auf Dauer schätzen werden. Denn es ist wie gesagt auch hier nicht alles perfekt und direkter Kontakt ist in vielen Situationen damit nicht zu kompensieren. Es wird für beiden Welten einen Markt geben und die Wege werden sich wohl ergänzen.