Nicht-Wissen ist Macht

Sehr interessanter Artikel auf Spiegel Online zum Thema Cloud und dem zunehmenden Anhäufen von Wissen in der modernen Gesellschaft, ohne mit diesem umgehen zu können. Basis ist das Buch „New Dark Age: Der Sieg der Technologie und das Ende der Zukunft“ von James Bridle aus dem Verlag C.H.Beck. Das ist ein Informatiker, der die zunehmende Abhängigkeit des menschlichen Denkens vom Internet und der Cloud als auch die Überflutung mit Information kritisiert. Ich werde wohl seit Jahren in kurzer Zeit noch ein zweites Buch kaufen (ich schreibe sonst pro Jahr meist mehr Bücher als ich lese) und das nach dem Buch von Eduard Snowden lesen.

Aber ich schweife ab – schon das Zitat „Unwissenheit ist Stärke“ aus dem Klassiker „1984“ von George Orwell gibt – wenngleich hier negativ besetzt – eine Richtung vor, die mit der These korreliert, dass die Unwissenden glücklicher sind.

Egal wie man es betrachtet – der Kern der Sache ist, dass nach diesen Thesen ein Mehr an Wissen oder Information nicht zu besseren Lösungen führt. Oder zu einer besseren Situation im Allgemeinen. Erst recht nicht Entscheidungen auf Basis maschineller Denkmuster und KI, die entweder auf ganz vielen Daten oder nur abstrahierten, vereinfachten Modellen aufbauen. Das kann leicht mit vielen Fehlentscheidungen bei der Navigation oder Big-Data-Analysen bis hin zu den sehr oft fehlhaften Scoring-Entscheidungen der Schufa & Co. oder Ranking-Agenturen belegen werden. Der Autor behauptet, dass nur das logische, menschliche Denken im Regelfall zu guten Ergebnissen führt. Und das oft ohne das Vorliegen aller Informationen.

Das deckt sich vollständig mit meinen persönlichen Ansichten und Erfahrungen. Auf viele Weise.

  • Ganz banal werde ich in Geschäften mit großer Auswahl an ähnlichen Produkten grundsätzlich überfordert und aggressiv. Meist gehe ich wieder raus und kaufe gar nichts.
  • Zudem emfinde ich es als sehr negativ, wenn ich zig Sachen vergleichen muss und dann erst eine Entscheidung treffe. Eine sponane Entscheidung aus dem Bauch heraus unter Verzicht auf (zu viele) Informationen führt gefühlsmäßig bei mir (oder allgemein) zu besseren Ergebnissen.
  • Aber auch in meinen Lieblingsbuch („Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams) ist der Mann, der das Universum regiert, vollkommen unwissend, aber hochintelligent. Er lebt unter einfachsten Bedingungen ohne Kontakt zur Außenwelt – außer sporadischen Besuchen. Jeden Morgen wacht er auf und hat alles vergessen, was normalen Menschen als die Realität erscheint (außer der Sprache und elementaren Grunddingen). Auch alle vorherigen Tage in seinem Leben. Oder besser – es ist unsicher, ob die nicht nur ein Traum waren. Er muss allen Dingen in seinem Umfeld jeden Tag explizit eine Bedeutung geben – von der Katze im Haus bis zum Regen draußen. Regelmäßig kommen da die nach außen auftretenden „Regierungen“ des Universums und des ganzen Rests vorbei und fragen ihn bei wichtigen Entscheidungen nach dem vollkommen unbeeinflussten Rat. Dieser Ansatz aus dem Anhalter ist einfach genial.
  • Man kann auch den Affen anführen, der bei Experimenten mit Pfeilen auf Zettel mit Aktienunternehmen an einer Wand geworfen und dabei in der Entwicklung der Aktien professionelle Börsenmakler übertrumpft hat.
  • Und so ein Ansatz mit der kompletten Reduktion von Informationen deckt sich letztendlich mit meinem Studium, denn Mathematikern sagt man nach (was auch oft dem Selbstverständnis entspricht), dass sie (fast) nichts wissen, aber aus einem einfachen Grundsystem von Axiomen fehlerfrei und logisch die komplexesten Systeme aufbauen können. Oder die komplexesten Systeme analysieren. Mein Prof hat uns während des Studiums von einem Kollegen erzählt, der seinen Studenten das Lesen von mathematischer Fachliteratur untersagt hat – sie sollten eigenständige Ansätze entwickeln, ohne durch „Wissen“ behindert zu werden.

Also Fazit – Unwissenheit ist in der Tat Stärke – wenn man Intuition und Intelligenz an die Stelle treten lässt.

Google Nest Hub Max – gezielte Provokation?

Die neue Gesichtserkennung von Google im Rahmen dessen vernetzen Hauses steht im wahrsten Sinn des Wortes vor der Tür und die Kommentatoren sind sich weitgehend einig, dass hier ein neues Level der Überwachung bzw. Spionage im privaten Umfeld erreicht wird, das – um den alten Vergleich zu bemühen – George Orwell als naiven Optimisten darstehen lässt.

Ist schon die Überwachung von allen Geräuschen via Alexa oder anderen Schnüffeltools im privaten Umfeld ein Eingriff in die Privatshäre, gegen den die aufgeklärten Leute vor vielleicht 30 oder auch nur 20 Jahren noch auf die Straßen gegangen wären, scheinen die modernen, dumpfen Eloy so abzustumpfen, dass sie jede Steigerung des Angriffs einfach apathisch hinnehmen. Oder sich wie dummes Schlachtvieh sogar darüber freuen und das Zeug kaufen (wollen). Dabei wird bei diesem „Nest Hub Max“ ein „smarter“ Lautsprecher mit Kamera aufgebohrt. Damit will Google erkennen, wer vor dem Gerät steht.

Die Diskrepanzen sind exorbitant. Wir haben mittlerweile eine lächerliche DSGVO, müssen uns auf Webseiten von der Warnung vor harmlosen Cookies terrorisieren lassen und auf der anderen Seite wird sowas (vermutlich) erlaubt. Ganz offensichtlich sind die DSGVO und diese Aktionen gegen harmlose Techniken im Web Ablenkungsmanöver gewesen, um die Aufmerksamkeit von den eigentlichen Aktionen abzuziehen.

Ich frage mich aber bei dieser Gesichtserkennung im vernetzten Zuhause, was Google damit beabsichtigt? Denn solche Kritik wie von mir oder auch „wichtigen“ Datenschützern wird ja geradezu provoziert. Google ist das natürlich klar und die fadenscheinige Behauptung, alle Informationen zur Gesichtserkennung bei Nest Hub Max würden ausschließlich auf dem Gerät verarbeitet und zu keinem Zeitpunkt ins Netz gehen, glaubt garantiert niemand. Und auch das ist Google selbstversändlich klar.

Was ist also die Absicht dieser Provokation? Google hat damals mit dem Scannen der W-LANs bei Google Street View ja auch nur ein Ablenkungsmanöver gefahren, um den eigentlichen Zweck (Geolokalisierung aller Router) zu verbergen. Wollen die also nur die Grenzen des Erlaubten und Machbaren weiter aufdehnen oder zumindest testen? Oder wollen sie ein Verbot provozieren, um daraus Vorteile zu ziehen?

Nun kann man sicher wieder darauf verweisen, dass sich Leute wie bei Alexa und Co freiwillig diese Spionagetools ins Haus holen. Stimmt. Und wer so blöd ist und das macht – manch eine Sau läuft halt mit Vollspeed zu ihren eigenen Metzger. Aber das Schlimme ist, dass auch Besucher in so ein verseuchtes Haus kommen. Und die haben sich nicht freiwillig dafür entschieden, dass sie im privaten Umfeld gescannt werden. Das Mindeste, was vor dem Betreten eines solchen verseuchten, vernetzen Hauses gesetzlich gefordert werden muss, ist eine Warnung entsprechend der Cookie-Hinweise auf Webseiten. Nach dem Motto: „Mit dem Betreten dieses Haus stimmen Sie zu, dass Sie akustisch und optisch vollkommen überwacht werden!“.