Ich bin mittlerweile schon über ein Jahr nicht mehr Vorort bei einem Kunden gewesen und habe keinen Geschäftspartner wirklich mehr getroffen. Aber rein von der Menge meiner Aufträge habe ich in der Zeit mehr gearbeitet als je zuvor im gleichen Zeitrahmen. Nur halt rein remote bzw. von meinen Büros aus.
Das geht beim Schreiben von Büchern und Schulungsunterlagen selbstverständlich ohne Probleme und das habe ich auch vorher schon viele Jahre gemacht. Auch die Aufnahmen meiner Onlinetrainings bei LinkedIn Learning (LiL) habe ich in der Zeit komplett in meinem Büro in Eppstein statt in Graz eingespielt. Aber auch das hatte ich vorher schon gemacht – wenngleich vielleicht bei maximal 10% – 20% der Trainings. Nur für Schulungen war ich bis letzten Februar eigentlich fast immer vor Ort (meine Betreuung der Onlinekurse bei der ILS außen vor). Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich in den vielen Jahren davor vielleicht 2 oder 3 Remoteschulungen gehabt und mir in der Zeit der vielen Reisen und Hotelübernachtungen bei Schulungen gewünscht, in Zukunft weniger auf Achse zu sein. Tja – und dann ist dieser Wunsch in Erfüllung gegangen – aber schneller als gedacht und viel „intensiver“. Also Vorsicht mit den Wünschen.
Für mich ist es Zeit ein Fazit zu ziehen. Ich kann offensichtlich all meine Arbeiten von zu hause und/oder remote erledigen. Durch den Wegfall der Reisen/Fahrten gewinne ich sogar sehr viel Zeit und damit kann ich im Grunde mehr Aufträge erledigen bzw. mit einem signifikant geringeren Zeitaufwand. Der Wegfall der Reisekosten kommt als weiterer positiver Aspekt dazu.
Also alles gut? Rein von der Arbeit ja, aber von dem psychologischen bzw. zwischenmenschlichen Aspekt nicht.
Ganz fatal ist mir aufgefallen, dass der „Eindruck“ von Dingen und Ereignisse in dem letzten Jahr unglaublich „flach“ wird. Wenn ich eine Remote-Schulung halte und die Teilnehmer nicht einmal die Kamera an haben (was leider sehr oft der Fall ist), habe ich schon beim Schulen selbst keinen „echten“ Eindruck von den Teilnehmern und zudem bleibt mir die Maßnahme nicht wirklich in Erinnerung. Ich nehme Dinge und vor allen Dingen auch Personen visuell wahr und kann mir Namen kaum merken. Aber wenn ich Leute nach Ewigkeiten wiedersehe (passiert mir bei einem Kunden in Oberursel oft), erkenne ich sie sofort. Wie gesagt – die Namen sind weg, aber sonst erinnere ich mich an zig Details rund um die Personen als auch die Maßnahmen. Auch Orte/Hotels/Schulungsräume sind mit gewissen Maßnahmen verbunden und damit erzeugen sie Erinnerungen.
Solche Assoziationen entfallen bei Remote-Maßnahmen komplett und die Erinnerungen an Teilnehmer bis hin zu den ganzen Schulungen sind sofort verweht. Das finde ich sehr bedauerlich. Selbst die Erinnerungen an Details bei meinen Videoaufnahmen in den letzten Monaten gehen in der Gleichförmigkeit bzw. mangelnden Besonderheit unter. Wenn ich nach Graz geflogen bin, hat sowohl die Reise an sich als auch der Ort samt den Kollegen und Erlebnissen dort dauerhafte Erinnerungen geschaffen – auch wenn ich über die vielen Jahre mittlerweile gut 35 – 40x nach Graz geflogen bin. All da entfällt. Remote gibt es keine erinnerungswürdigen „Erlebnisse“ und und das ist einfach nicht gut.
So sehr mir die vielen Autofahrten und Reisen zu meinen externen Jobs die letzte Zeit vor Corona auf den Senkel gegangen sind – nach Corona werde ich versuchen, weiter viel remote zu erledigen. Aber einzelne Maßnahmen Vorort sind unbedingt notwendig. Zum Pflegen der Kontakte, aber auch dringend psychologisch.